moodswing

2013  // köln  //  wachsfabrik

choreographie b.fuchs

komposition ritzenhoff

 


Eine Bewegungs-und Laut-Studie

Teil 1 des dreiteiligen Zyklus „GE-FÜHL-LOS“

Im ersten Teil „MOODSWING“ des dreiteiligen Zuyklus „GE-FÜHL-LOS“ wird das Verhältnis von Körper, Klang und Affekte im Kontext von Intimität und Öffentlichkeit ausgelotet. Durch den Affekte-Bezug werden besonders intensive emotionale Zustände dargestellt. In „MOODSWING“ setzt sich das Ensemble mit den vier Basis-Affekten Freude, Trauer, Wut und Angst auseiander. Es entsteht eine Bewegungs- und Laut-Studie, kombiniert mit EASY –Musik, welche die Abstraktheit und Losgelöstheit der Gefühle unterstreicht. 

Die Performer werden zu expressiven Ausdrucksmaschinen in einer inszenierten Öffentlichkeit und kreieren eine Art „Affekt – Inkontinenz“ eine gespielte Intimität mit standardisierten Gesten „großer Gefühle“.

Wie unter einem Sezierglas werden Gefühle und Gefühlsäußerungen losgelöst von klassischen Situationen analysiert und radikal-überzeichnet dargestellt – aus alltäglichen emotionalen Zuständen entwickeln sich Bewegungsmomente: Atmen wird zum Stöhnen, zum animalischen Schnaufen, zum exzessiven Keuchen –  und entlädt sich gleichzeitig in ein Duett aus Annäherung, zarten Kontaktversuchen und aggressivem Balzverhalten. Entspanntheit wird zur Langeweile, zum Überdruss – leises Schluchzen mit minimalsten Bewegungen steigert sich über Wut hin zu dramatischer Verzweiflung   … Es entsteht ein intimes Wechselbad der Gefühle mit einer sinnlich-körperlichen Choreografie.

 

 

Künstlerische Leitung: Barbara Fuchs // Performance: Barbara Fuchs, Odile Foehl, Marcus Bromski, Regina Rossi // Sound: Jörg Ritzenhoff // Bühne: Barbara Fuchs, Wolfgang Pütz // Lichtdesign: Wolfgang Pütz, Barbara Fuchs // P+Ö-Arbeit/Management: mechtild tellmann kulturmanagement

Eine Produktion von tanzfuchs PRODUKTION/Barbara Fuchs


Romy Weimann, akt., März 2013
Gefühlskörper


 

"Moodswing" ist der erste Part des dreiteiligen Zyklus "Geh-Fühl-Los" der Choreografin Barbara Fuchs. Vier Tänzer, darunter Fuchs selbst, durchlaufen in 55 Minuten mit Körper und Stimme Freude, Trauer, Wut und Angst - mal distanziert überzogen, mal humoristisch, dann wieder authentisch. Etwa wenn Odile Foehl dezentral im schwach beleuchteten Bühnenraum liegt. Sie windet sich, doch die übermächtige Schwerkraft lässt sie immer wieder zusammen sacken. Schließlich schafft sie es, ihr Becken nach oben zu bringen, doch Arme und Kopf wollen sich nicht von ihrem Körper lösen, klettern zwischen ihre Beine, umklammern ihr Gesäß. Am Ende steht eine absonderliche, hilflos in sich verkeilte Kreatur vor uns, die über die naturgegebenen physikalischen Beschränkungen ihres Körpers trauert, ein Mensch, der an seinen Grenzen verzweifelt. Man könnte fast mit ihr zusammen tiefer in den Stuhl sinken, wäre da nicht das ewig tickende Metronom, der Klang eines auf Zeit angelegten Experiments. Jeder Tänzer trägt es bei sich, macht es an, wenn er in Aktion tritt. Zuweilen läuft der Takt der Vier minimal auseinander und es entsteht ein konfuses Geklacker - Menschen folgen individuellen Rhythmen, jeder tickt anders. Statt Geschichten zu erzählen, erörtert Fuchs Gefühlssausdrücke anhand stilisierter Bilder: Marcus Bomski hockt auf allen Vieren, grunzt und keucht animalisch die Wut aus sich heraus. Regina Rossi bespaßt sich selbst durch clowneske Swing- und Tanzbewegungen. Mal springen, zappeln und drehen sich die vier Tänzer vom linken zum rechten Bühnenrand, mal stehen sie vorne, knurren und hecheln, können sich das Lachen manchmal nicht verkneifen. Nicht schlimm, denn die Bühne ist stets als solche ausgewiesen - Mikrofone verstärken den öffentlichen Charakter dieses experimentalen Gefühls-Labors. Selten ist das bewegend. Spaß macht es aber sehr.“

 

Melanie Suchy, Kölner Stadtanzeiger, Februar 2013
Wie Gefühle gemacht werden

„Tschicki-tschicki macht die Musik, die vier Tänzer knicken ein Knie im Takt. Die Körper schiebt das etwas aus dem Lot und wieder hinein. Gut gelaunt und leicht aufreizend wirkt das. Die Schultern rotieren die Unterarme pendeln wie in Uhrwerken. Als die Tänzer kleine Metronome aufziehen, unisono über den schnell tickenden Gerätchen zusammensinken und die Köpfe vergraben, ahnt man, dass es hier tatsächlich um Mechaniken geht. Die Kölner Choreographin Barbara Fuchs widmet sich in ihrem neuesten Stück den Affekten.

„Moodswing“ hat sie mit dem Komponisten Jörg Ritzenhoff erarbeitet. Diese Stimmungsschaukel basiert auf antiken und barocken Vorstellungen, wie Gefühle gemacht oder beeinflusst werden , insbesondere durch Musik, Träger oder Behälter der Stimmungen ist der Mensch. Sein Körper. Diesen vervielfacht Barbara Fuchs auf der nackten Bühne in Barnes Crossing und betont so das unpersönliche dieser Idee.

[...]Flirrende Töne bedrängen und bohren, flipsiges Klimpern ermuntert zu freudigen Hüpfern. Auch aus den Menschen kommen zuweilen Geräusche. Sie atmen langsam, dann schneller; das klingt nach Angst, ohne dass sie die Miene verziehen. Marcus Bomski säuselt „güdigüdigüdi“, plötzlich faucht er, was Ritzenhoffs Elektronik zum monströsen Tiger verstärkt. Locken, Drohen. Locken, Drohen.

In der Unmittelbarkeit, in diesem scheinbar willkürlichen Umschalten und dem Verschalten von Auslöser und Gefühl, liegt etwas Verstörendes: Ausgeliefertsein. Wer schubst die Stimmungsschaukel? Der unsichtbare Papa im Rücken, der Musiker, die Musik? Ein verinnerlichter Taktgeber? Wann machen die eigenen Beine den Schwung? [...]“

 

Thomas Linden, Kölner Rundschau, Februar 2013
Das Alphabet der Emotionen

Berühren will Barbara Fuchs mit ihrer neuen Tanzproduktion „Moodswing“, die den zweiten Teil des Abends füllte, offenbar nicht. Ihr Projekt stellt die erste Folge des auf drei Stationen angelegten Zyklus „Ge-Fühl-Los“ dar. Die Choreographie, die sich über weite Strecken als eine Performance für Stimmen ausnimmt, zergliedert Emotionen wie Bioteilchen. Freude, Trauer, Wut und Angst werden vorne an der Rampe durch Schreien, Grunzen oder Schnaufen mit verzerrter Akustik dargestellt. Das sieht aus wie ein Buchstabieren menschlicher Empfindungen. Ein bisschen schaurig, ein bisschen lustig, dramatisch kann es nicht werden, weil im Labor keine Geschichten entstehen.

Dieses sachliche Experiment, das eigentlich unkontrollierte Reaktionen über Tanz und Stimme ausstellen will, bereitet den vier Akteuren (Odile Foehl, Barbara Fuchs, Marcus Bomksi und Regina Rossi) sichtlich Spaß. Ein wenig Augenzwinkern ist in dieser stilistischen Fingerübung erlaubt. Man darf gespannt sein, wie Barbara Fuchs ihr Alphabet der Emotionen im zweiten Teil des Zyklus ausbauen und intensivieren wird.“