STÜCK 2307,5
eine Tanz Fiktion,
ist die abschließende Produktion einer Trilogie, in der Tanz auf ein Filmgenre trifft. Der erste Teil TANZTAT, ein Tanzkrimi beschäftigt sich mit der mörderischen Tanzsucht, der zweite Teil
EXITUS, eine Horrorfilmpersiflage um des Tänzers Tod, und nun im dritten Teil, der Entwurf einer Tanz Utopie.
Konzept und Idee: Barbara Fuchs
Choreographie und Tanz: Erika Winkler und Barbara Fuchs
Musik: Ritzenhoff
Video, Licht: Horst Mühlberger
Bühne, Licht: Marco Wehrspann
Kostüme: Sabine Kreiter
Supervision: Carla de Andrade Hurst
Dramaturgie: Odile Foehl
Koproduktion: Barnes Crossing | Choreographen-Netzwerk und Consol Theater, Gelsenkirchen
Zwei subatomare Teilchen ziehen ihre Bahnen durch die Galaxien. Da werden sie von einer gigantischen Gravitationswelle erfasst und finden sich plötzlich im Gamma Quadranten inmitten eines heftig
tobenden Ionensturms wieder. Hmmh. Sie müssen einen Ausweg finden! Also machen sie sich auf die Suche nach einem Wurmloch. Lichtjahre dauert ihre beschwerliche und gefahrvolle Reise, bis sie
endlich gefunden haben, was sie suchen: Es gelingt ihnen, sich durch einen engen Subraumtunnel zu zwängen und ...
...eine perfekte Symbiose aus Tanz, Musik, Dramaturgie, Kostümen und Video, die in den Bann zog.
Ilka Hetner, Schwerte
Barbara Fuchs Inszenierungen sind Geschichten über die Tanzkunst und ihre Protagonisten. Sie lässt dabei den Tanz auf die unterschiedlichsten populären Genres treffen, um die heutigen
Sehgewohnheiten der Fernsehgesellschaft zu hinterfragen und zu karikieren. Diese, meist ironischen, Reflexionen sind geprägt von einer mit Humor unterwanderten Doppelbödigkeit, die eine neue,
skurrile Sicht auf den Tanz eröffnet.
Um diese komplexen, verschachtelten Plots umzusetzen, verwebt sie tänzerische Elemente mit Sprache, Gesang, Musik, Pantomime, Licht und Video zu einer spannungsreichen Synthese.
Nicole Strecker, Kölner Stadt-Anzeiger, 07.11.2006
Der Weltraum, unendliche Weiten. Wir befinden uns bei Sternzeit 2307,5 - und gucken mal, was der Tanz zu diesem Zeitpunkt so treibt: Zwei Geschöpfe liegen auf dem Boden, ein Lichtstreifen
zieht über sie hin¬weg wie ein Radarschirm oder ein Fotokopierer. Wenn die beiden Kreaturen Leben signalisieren, tun sie es mit der Reduziertheit zweier Einzeller. Tatsächlich ist das
„Stück 2307,5", die neue Choreografie von Barbara Fuchs, über weite Strecken wie der Blick ins Mikroskop. Zwei auffallend langgliedrige Körper, die sich sanft über den Boden schieben, bis
sie aufeinander zum Liegen kommen. Wenn sie komplexere Bewegungen vollziehen, dann stets irgendwie verkehrt: Gelenke ver¬schieben sich in irritierende Rich¬tungen, Ellbogen wachsen
zwischen den Kniekehlen heraus - der ganze Körper scheint falsch konstruiert. Barbara Fuchs selbst und die eindrucksvolle Tänzerin Erika Winkler krauchen als futuristische Leiber in
dieser Tanz-Science-Fiction herum. Dazu schafft das Licht von Marco Wehrspann fantastische Stimmungen: mal ein grünblaues Wabern wie auf dem Meeresgrund, mal grellrote Laser-Strukturen,
die nur die Umrisse der Körper erkennen lassen. Beständige Metamorphosen in einer präzise getakteten Tanzinstallation, in der sich Hightech, Natur und Wissenschaft auf ganz eigentümliche
Weise verbinden. (nis)
Christina Grolmuss, KRITIK CAMPUS WEB 05.11.2006
Ouantenphysik – abstrakt und innovativ auf die Bühne gebracht
TanzKonkret verspricht eine Reise durch die Galaxien in der Orangerie
Mit dem „Stück 2307,5 – eine Tanz-Fiktion“ endet eine bemerkenswerte Trilogie, die sich mit dem Verschmelzen von Tanz und Filmgenres beschäftigt. In dieser von Regisseurin und Tänzerin
Barbara Fuchs entworfenen Tanz-Utopie geht es um die beschwerliche Reise zweier subatomarer Teilchen, die sich im endlosen Wirrwarr des Universums gegen gigantische Gravitationswellen und
bebende Ionenstürme behaupten müssen. Qualvolle Lichtjahre voller Gefahren müssen sie über sich ergehen lassen, bis sie in einem engen Subraumtunnel den lang ersehnten Ausweg
finden.
Auf der Bühne sieht das dann in etwa so aus: Zwei Frauen von gleicher Gestalt und Körpergröße (Barbara Fuchs und Erika Winkler) bewegen sich langsam und synchron zunächst in sitzender
Pose. Dann stehen sie langsam auf und drehen
sich, immer noch synchron, an einer Wand entlang. Der Bewegungsfreiheit sind dabei keinerlei Grenzen gesetzt. Alles, was mit dem menschlichen Körper umsetzbar scheint, wird auch
umgesetzt. Bizarre verdrehte Körperhaltungen sind demnach keine Seltenheit. Der Raum ist erfüllt von einem atmosphärischen Rauschen der Unendlichkeit. Plötzlich aber verliert sich das
gemeinsame Spiel, und jede Tänzerin folgt einem eigenen, individuellen Programm. Die Geräuschkulisse erinnert an sämtliche industrielle Sounds. So folgt auf das Rauschen ein Summen wie
von Elektrogeräten, zwischendurch ertönt ein Hämmern, ein Signalton, eine springende CD – kein konstanter Klang, außer der leisen Wand aus plätscherndem Wasser, die für ein dezentes Maß
an Beständigkeit sorgt. Zwischendurch wird die Aufmerksamkeit auf kuriose Videoprojektionen an der hinteren Wand gelenkt. Während die beiden Frauen im Vordergrund in voller Körperspannung
kerzengerade auf der Bühne stehen und mit den Zehen wippen, tanzen im Hintergrund zweidimensionale Balletttänzerinnen ästhetisch durch das Bild. Die einzige klassische Tanzszene auf der
Bühne bleibt hingegen mehr oder weniger im Dunkeln verborgen: Dies ist der dramatische Höhepunkt des Stückes, an dem beide Frauen nur noch als Umrisse im sonst abgedunkelten Raum zu
erkennen sind, und auf deren Körpern rote Linien in Form von Lichtprojektionen die Bewegungen der Körper andeuten und ungewohnt verschwommen sichtbar machen.
Nach den ersten zwei Teilen „tanztat“ und „Exitus“ ist es Barbara Fuchs jedenfalls gelungen, das Publikum mit „Stück 2307,5“ zum Staunen und Nachdenken anzuregen. Denn alltägliche
Sehgewohnheiten werden hier garantiert nicht befriedigt. Vielmehr erscheint vieles von dem, was in diesem Stück auf der Bühne dargeboten wird, als sehr befremdlich. In Anlehnung an ein
Bertolt Brecht Zitat provoziert sie ganz bewusst, dem Körper und der Bewegung das Selbstverständliche zu nehmen um so die Neugierde der Zuschauer zu wecken.